Erste Konfirmation im Freien

Konfirmation im Freien auf dem Mehrgenerationenplatz in Haag mit Blick zum Weiher – so etwas gab es bisher noch nie. Doch die Resonanz war durchweg positiv. Bei strahlendem Sonnenschein trafen sich 10 Konfirmandinnen und Konfirmanden in der Kirche zum guten Hirten in Haag und zogen dann mit Pfarrer Hans Gernert und den Kirchenvorständen unter Glockengeläut und den Klängen des CVJM-Posaunenchors Haag zum Festplatz. Mit Bezug auf die Corona-Pandemie und andere Krisen sagte Pfarrer Gernert: „Gott verändert die Welt nicht einfach zu unseren Gunsten, aber er hilft uns und gibt uns Kraft, die Herausforderungen der Lebens anzunehmen, Verantwortung zu übernehmen und dabei letzte Geborgenheit bei Gott, dem guten Hirten, zu finden.“ Vertrauensfrau Annemarie Mauer machte den Konfirmanden Mut für ihren Lebensweg. Für jede Familie war ein Pavillon aufgestellt, vor dem die Konfirmanden ihren Stuhl hatten. Ein Projektchor aus Wasserberndorf unterstrich mit den Liedern „I believe“ und „Gott segne dich“ die Bedeutung des Glaubensbekenntnisses und der Segnung. Bei der Segnung legten die Paten die Hand auf. Das Abendmahl wurde bereits am Vorabend im kleineren Kreis in der Matthäuskirche Rehweiler mit Verzicht auf den Kelch gefeiert. Die Eltern hatten sich drei Wochen vorher auf diesen Termin verständigt und waren froh, dass die Lockerungen bei den Corona-Maßnahmen dem Fest zugutekamen. Die Dankandacht ist Anfang Oktober geplant zusammen mit dem anderen Teil der Gruppe, der im September Konfirmation feiert. Pfarrer Hans Gernert dankte der Freiwilligen Feuerwehr Haag, dass sie ihre geplante Übung umfunktionierte zum Aufbau einer „mobilen Kirche“.

Texte hier als PDF

 

Konfirmation am 19.7.2020 auf dem Mehrgenerationenplatz in Haag

Ein herzliches Willkommen hier in Haag Ihnen allen und besonders euch, liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden mit euren Eltern, Paten und allen Gästen.

Ihr Konfirmanden seid mit den Kirchenvorständen eingezogen.

Die Birken hier vorn ersetzen heute würdig die Toskana-Säulen in der Rehweiler Kirche. Der See soll für den Taufstein stehen und dieser Tisch für den Altar.

Länger habt ihr nun auf diesen Tag warten müssen. Manche von euch sind selber dabei länger geworden und mussten noch einmal größere Kleidung besorgen. Nun ist euer großer Tag da. Wir spüren, dass wir nicht Herr der Zeit sind. Wir können zwar planen, doch wir wissen nie, was kommt. Zeit ist ein Geschenk, jeden Tag neu. Darum dürfen wir jeden Tag demütig und dankbar sagen: Dies ist der Tag, den Gott gemacht hat, lasst uns freuen und fröhlich darin sein. O Herr hilf, o Herr, lass wohlgelingen.

Lesung Mt 13, 44-46

Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker. Wiederum gleicht das Himmelreich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte, und als er eine kostbare Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden,

eure Konfirmation musste verschoben werden. Das wird sicher ein Teil eurer Erinnerung an diesen Tag bleiben. Anfang des Jahres hattet ihr euch auf den Hirtensonntag gefreut. Doch dann konnten wir nicht einmal mehr den Vorstellungsgottesdienst in der Kirche feiern. Nur online war es möglich. Wir hatten anfangs alle die Hoffnung, dass die Corona-Pandemie bald vorbeigeht. Doch wir mussten lernen, dass wir noch länger mit Abstandsregeln leben müssen.

Unser Landesbischof hat sehr schnell betont, dass die Pandemie nicht von Gott geschickt ist. Gott schickt kein Virus, um Menschen zu bestrafen. Gottes Wille zielt auf das Leben. Jesus hat Menschen geheilt und nicht getötet. Bei kritischem Nachdenken müssen wir aber auch feststellen, dass Gott die Welt nicht einfach so zu unseren Gunsten ändert. Bitten an Gott, er möge das Virus wegnehmen, gehen so einfach nicht in Erfüllung, genauso wenig wie die Bitte, es möge Frieden auf der Welt sein. So mancher Glaube erlebt da eine Enttäuschung. Gott ist kein Wunscherfüllungsautomat. Ich kann nicht über Gott verfügen und ihn für meine Zwecke einspannen. Das sollte uns beim Beten bewusst bleiben.

Gott verändert die Welt nicht zu unseren Gunsten, aber er hilft uns und gibt uns Kraft, die Herausforderungen des Lebens anzunehmen und durch manche Schwierigkeiten hindurch letzte Geborgenheit bei ihm zu finden. Der Sinn unseres Betens und die Erfüllung unseres Betens ist es, dass wir ein tiefes Vertrauen zu Gott finden.

Nun sind wir in Haag beieinander. Ihr seid die Gruppe, mit denen ich mehrmals in Haag war: einmal zu einem Teambuilding-Tag im CVJM-Haus mit Übernachtung. Und dann zu einer Adventsandacht in der Kirche zum guten Hirten. Das Altarbild der Haager Kirche ist euch vertraut. Ihr erhaltet es als Foto auf eurem Gedenkblatt.

Da ist Christus als guter Hirte dargestellt. Zwei Szenen sind ineinander gemalt: Einmal das Schaf, das sich in Dornen verfangen hat.

Zum andern sieht man dasselbe Schaf gefunden, gerettet und geborgen auf der Schulter des guten Hirten.

Unten im Bild steht aus dem Gleichnis Jesu der Satz: „Freut euch mit mir. Denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war.“

Ich finde es stimmig, dass wir uns vorhin unter diesem Altarbild in der Kirche zum guten Hirten getroffen haben.

Eine von euch hat mir nach Ostern geschrieben: Am Hirtensonntag wäre meine Konfirmation gewesen und ich finde, dass dies ein kleiner Hoffnungsschimmer ist und man daraus etwas Mut und Zuversicht schöpfen kann, denn Jesus, also Gott als der gute Hirte, ist auch im finsteren Tal bei uns und dies ist meiner Meinung nach ein hoffnungsvolles Zeichen in dieser schweren Zeit. Denn unter dem guten Hirten verstehe ich Gott, der als Jesus zu uns kommt und uns wie seine Schafe beschützt auch in dieser schweren Zeit.

Eine andere schrieb: Gott wird mir dadurch nicht fraglicher, vielmehr wird mir bewusst, dass der Mensch nicht alles in der Hand hat. …

Das Bild des „Guten Hirten“ finde ich eine schöne Vorstellung. Ich hoffe, dass Gott als „Guter Hirte“ auf uns Menschen, seine Schafe, aufpasst.

Ich habe diese klaren Sätze am Hirtensonntag bei einem Gottesdienst in Castell vorgelesen. Aus Rückmeldungen weiß ich, dass sie nicht nur mich, sondern auch andere tief berührt haben.

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, ich wünsche euch, dass ihr dieses Fundament des Glaubens in euch spürt und schätzt, dass ihr es bewahren und vertiefen könnt. Dass ihr offen bleibt für Gott und dafür, dass er euch immer wieder überrascht – wie ein Hirte, der nach dir sucht, bis er dich gefunden hat.

Der gute Hirte, der auf uns Acht gibt. - „Eine schöne Vorstellung“ hat eine von euch das genannt. Das ist genau richtig. Denn Gott oder Jesus hat keinen Schäfermantel an. Er kommt nicht mit Hut und Stab daher. Und umgekehrt fressen wir kein Gras und wir schreien auch nicht „Mäh“!

Das sind alles Bilder, Vorstellungen, die wir uns machen, weil wir anders nicht von Gott reden können als in Bildern.

Machen wir eine kleine Übung. Jede und jeder achtet mal auf die eigenen Gedankeneinfälle. Halte einmal fest, welcher Einfall dir zuerst kommt, wenn du das Wort „Gott“ hörst? Gott – was fällt dir dazu ein? ___

Es ist nicht zufällig, was dir jetzt eingefallen ist. Das hat mit deiner Prägung zu tun. Unsere Einfälle, unsere Assoziationen verraten viel über uns selbst.

Was fällt heutigen Menschen zum Wort Gott ein? Alter Mann mit Bart, Langeweile, Oma, altmodisch, überholt, eng, kleinkariert, konservativ,

Spaßverderber, schlechtes Gewissen, Richter, strenger Über-Vater, religiöse Fanatiker, Einbildung, fraglich, nicht beweisbar…

  Vergessen wir einmal unsere Gedankenketten. Überlegen wir stattdessen, was Jesus einfällt, wenn er von Gott redet? Welche Gedankenkette können wir bei Jesus wahrnehmen? Nehmen wir dabei an, dass Jesus von Gott viel mehr versteht als wir. Aus seinen Gleichnissen können wir folgende Gedanken erschließen:

Gott hat für Jesus mit Freude zu tun. Freut euch mit mir! Denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war. Gott ist eine Überraschung. Unverhoffter Schatz. Kostbare Perle. Abenteuer. Spannung. Barmherziger Vater. Offene Arme. Gutes Essen. Fest. Tanz. Lasst uns essen und fröhlich sein. Hochzeit. Das ganze Leben ändert sich. Ein Herz für die Armen, Leidenden, Schwachen. Versöhnung. Freiheit ohne Zwang. Liebe. Unbedingte Güte. All das verbindet Jesus mit Gott, den er als vertrauensvollen Papa anredet.

Wenn ihr heute versprecht, dass ihr euch auf Jesus Christus einlassen wollt, dann stimmt ihr seinen Gedanken über Gott zu. Als Christen, die Jesus Christus nachfolgen wollen, lassen wir unsere Gedanken über Gott immer wieder durch Jesus korrigieren.

Gott ist nicht ein Teil von uns. Er ist kein Teil unserer Seele. Er ist auch kein Gegenstand dieser Welt. Er lässt sich mit der Vernunft nicht fassen. Wir, gefangen in Dornen, wir mit all unseren Grenzen, können Gott nicht finden. Aber er sucht und findet uns. Wir können Gott nie ganz begreifen, aber er ergreift uns, hebt uns aus den Dornen, trägt uns schenkt Geborgenheit und neuen Lebensmut.

 In der katholischen Pfarrkirche in Kürnach habe ich vor kurzem ein großes Schaubild an einer Pinwand gesehen. Ich vermute, dass es Eltern mit den Kindern zur Erstkommunion gestaltet haben. Es zeigt neben den Fotos der Kinder ihren Handabdruck. In der Mitte war zu lesen:

„Wir sind in Gottes Hand – Gott ist in unserer Hand.“

  Zuerst fand ich das theologisch falsch. Wir können Gott nicht fassen. Auch wenn er uns nahekommt, uns überrascht, bleibt er doch für uns unverfügbar. Wir können Gott nicht greifen, wir können ihn nicht festhalten, er ist nicht in unserer Hand.

  Doch dann fiel mir erst ein, wie es wohl die Vorbereitungsgruppe für die Erstkommunion gemeint haben dürfte: Die Kinder bekommen zum ersten Mal die Hostie in ihre Hand: „Gott in unserer Hand“.

Da bleibt Gott ein Geheimnis. Ich darf darauf vertrauen, dass er sich mir schenkt im Brot des Abendmahls. Das darf ich glauben. Gott teilt sich mir mit. Gott überrascht mich aber so, dass er nicht mein Besitz wird, sondern ich erfahre, dass ich zu ihm gehöre. Er will mich bei sich haben. Das gilt. Jeden Tag! Immer! „Freut euch mit mir. Denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war.“

Trotz Corona und verschobener Feier haben wir Grund, froh zu sein. Weil Gott niemanden verloren gibt.

Amen.

182, 2+4+5+9+Halleluja 2 st.

Fürbitten

Konfirmanden: Guter Gott, wir danken dir für das Fest unserer Konfirmation. Danke für dein Versprechen, dass du immer für uns da bist. Stärke immer wieder unser Vertrauen zu dir.

Alle: Denn deine Güte währet ewiglich.

Eltern: Guter Gott, stärke auch unser Vertrauen zu dir und zu unserem Kind. Hilf uns zu einem respektvollen Umgang miteinander, wenn es Auseinandersetzungen gibt. Erwachsenwerden und Erwachsenwerdenlassen bedingen einander. Danke, dass deine segnende Hand weiterreicht als unsere Hände.

Alle: Denn deine Güte währet ewiglich.

Paten: Guter Gott, wir bitten dich für unser Patenkind: Lass es gut mitkommen in der Schule, dass es seine Gaben weiter entfalten und für andere gut einbringen kann. Wir danken dir.

Alle: Denn deine Güte währet ewiglich.

Posaunenchor: Guter Gott, lass jeden seinen Platz in der Gemeinde und in der Gesellschaft finden.

Alle: Denn deine Güte währet ewiglich.

Kirchenvorstand: Guter Gott, dein guter Geist wirke durch unser Denken, Tun und Lassen. Stärke das Miteinander in unserer Pfarrei und in unseren Dörfern, in Stadt und Land.

Alle: Guter Gott, erhalte unsere Neugier auf dich. Halte uns offen für deine Überraschungen. Wir danken dir, denn du bist freundlich und deine Güte währet ewiglich.