Vom Sorgen zum Vertrauen - Predigt am 17.9.2023

Sorgen gehört zu unserem Leben.
Es beginnt mit einfachen alltäglichen Dingen: Wir sorgen uns um Essen und Trinken und kaufen entsprechend ein, manches auch auf Vorrat. Wir sorgen uns um unsere Gesundheit, um die Familie, um liebe Menschen, um die Zukunft und vieles mehr. Das Sorgen in seinen vielen Varianten gehört zu unserem Leben.
Zur Sorge gehört es, dass wir vorausschauen und gedanklich eine Situation vorwegnehmen und durchdenken, die eintreffen könnte. Wir wollen vorbereitet sein.
Sorgen kann viele Formen annehmen. Das geht vom gewöhnlichen Vorsorgen und Sich-Kümmern um andere bis hin zu nicht mehr kontrollierbaren Ängsten und Befürchtungen. Dann können Sorgen übermächtig werden. Dann bestimmen die Sorgen das ganze Denken und Fühlen und machen letztlich krank.
Beim "Kölner Treff" am Freitagabend (SWR) wurden die beiden Brüder Reinhold und Hubert Messner interviewt. Schon als Jugendlicher ist Reinhold Messner steile Bergwände hochgeklettert. Seine Mutter hat nie irgendwelche Befürchtungen geäußert. Sie setzte Vertrauen in ihn und behielt ihre Sorgen für sich. Kinder loslassen können ist mitunter ein schwieriger Prozess.
Es gibt die Redensart: „Sorgen sind wie Nudeln! Man macht sich viel zu viele!“ Das ist leicht gesagt, wenn man nicht davon betroffen ist. Wer dauerhaft von schweren Sorgen geplagt wird, der findet oft nicht alleine heraus. Der sollte sich Hilfe suchen.
Abraham gilt Juden, Christen und Muslimen als Stammvater und Vorbild im Vertrauen auf Gott. Aber auch Abraham, der in älteren Berichten auch Abram heißt, hatte eine große Sorge, die ihn umtrieb. Es ging um sein Erbe. Es ging um seine Zukunft auf der Erde. Nach damaligem Denken lebte man in den eigenen Nachkommen weiter. Wer keine Kinder hat, dessen Glaube und Lebendigkeit hört dann mit dem Tod auf. Hören wir in den Predigttext für heute, 1. Mose 15, 1-6:
1 Nach diesen Geschichten begab sich’s, dass zu Abram das Wort des HERRN kam in einer Erscheinung: Fürchte dich nicht, Abram! Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn.
2 Abram sprach aber: HERR, was willst du mir geben? Ich gehe dahin ohne Kinder und mein Knecht Eliëser von Damaskus wird mein Haus besitzen.
3 Und Abram sprach: Mir hast du keine Nachkommen gegeben; und siehe, einer aus meinem Haus wird mein Erbe sein.
4 Und siehe, der HERR sprach zu ihm: Er soll nicht dein Erbe sein, sondern der von deinem Leibe kommen wird, der soll dein Erbe sein.
5 Und er hieß ihn hinausgehen und sprach: Sieh gen Himmel und zähle die Sterne; kannst du sie zählen? Und sprach zu ihm: So zahlreich sollen deine Nachkommen sein!
6 Abram glaubte dem HERRN, und das rechnete er ihm zur Gerechtigkeit.

Ich bleibe bei der gewohnten Namensform Abraham.
Liebe Gemeinde! Abraham hat eine große Sorge. Man kann auch sagen: Er hat Angst vor der Zukunft. In dieser Situation hört er, wie Gott zu ihm spricht: Fürchte dich nicht! Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn. Wow, könnte man ausrufen. Das müsste mir hin und wieder so ergehen, dass Gott so unvermittelt zu mir spricht. Brauchen wir nicht alle so ein Schutzschild und die Zusage, dass sich das Leben lohnt? Täglich hören wir von schlimmen Ereignissen. Manche sprechen schon von planetarischen Traumata, unter denen wir leiden. Waldbrände, Hitze und Dürre, Starkregen und Überschwemmungen, Erdbeben und Krieg. Wie soll die Seele das alles verkraften?
Abraham hört in seiner Angst, wie Gott ihm verspricht: Ich bin dein Schutzherr. Dein Leben lohnt sich.
Und wie reagiert Abraham? Seine große Sorge verfliegt nicht. Im Gegenteil. Er klagt Gott seine Enttäuschung und sagt mutlos: „HERR, was willst du mir geben? Ich gehe dahin ohne Kinder.
Du hast mir keine Nachkommen gegeben! Es wird aus sein mit mir. Ein Diener aus meinem Haus wird alles von mir erben.“
Es klingt wie eine eigene Beruhigung. Irgendeiner wird schon Erbe sein. Irgendwie wird es schon weitergehen ohne mich.
Doch bei diesen Beruhigungsversuchen hakt Gott wieder ein. Er widerspricht dem Abraham. Nicht einer aus seiner Hausgemeinschaft, sondern ein leiblicher Sohn wird sein Erbe sein. Zu dieser Zusage bekommt Abraham noch eine bildhafte, zeichenhafte Bekräftigung. Er soll vor sein Zelt treten und den Sternenhimmel betrachten. Zwei Dinge für den Umgang mit Sorgen lassen sich da entdecken: Zum einen eine Ortsveränderung, zum anderen neues Vertrauen. Abraham bleibt nicht im Zelt sitzen. Er lässt sich hinausrufen an die frische Luft. Wie wohltuend ist es, sich zu bewegen, einen Spaziergang zu machen und so auf andere Gedanken zu kommen. Manchmal ist es besser, statt sich unruhig im Bett zu wälzen, wenn man aufsteht und die dunklen Gedanken hinter sich lässt.
Abraham soll nach oben schauen und die Sterne zählen. So zahlreich sollen seine Nachkommen sein. Abraham kann das in diesem Moment nicht fassen. Was für ein Widerspruch zur Wirklichkeit, hat er doch noch keinen einzigen Sohn. Und doch lässt Abraham seine große Sorge los. Er vertraut neu auf Gott. So, wie er einst seine Heimat verlassen hat im Vertrauen auf Gottes Ruf und Führung.
Abraham konnte nicht nach den Sternen greifen und sich einen vom Himmel holen. Er hatte nichts Greifbares in den Händen. Er konnte nur hören und sehen. Es wird erzählt, dass er sich auf Gottes Zusage, die er hörte und sah, verlassen hat. Er vertraute den Worten, ohne dass für ihn etwas abgesichert war. Dieses Vertrauen Abrahams allein auf Gottes Wort ist auch für den Apostel Paulus vorbildlich. Gott will Abraham ein Schutzschild sein und sein Lohn. Er muss sich nicht um seine Zukunft sorgen. Und wir auch nicht. Gott steht zu uns. Das glauben wir auch im Vertrauen auf Jesus Christus. Mit dem Apostel Paulus und dem Lied von Paul Gerhardt wollen wir das bekräftigen: „Ist Gott für mich, so trete gleich alles wider mich, so oft ich ruf und bete, weicht alles hinter sich.“

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Tag,

Hans Gernert